Beim Micro Learning wird Wissen über kleine „Häppchen“ vermittelt, die Lernenden in unterschiedlichen Formaten angeboten werden, z. B. als Text, Bild, Audio, Video — oder in einer Kombination aus diesen. Diese Wissenshäppchen oder -päckchen erreichen ihre Adressaten über verschiedene Kanäle, etwa E-Mail, Messenger-Dienste, Apps, Webseiten oder Learning Management Systeme (LMS). Eine einzelne Mikro-Lerneinheit kann dabei meist in zwei bis 15 Minuten bearbeitet werden. Ihr inhaltlicher Fokus liegt auf einem einzelnen, abgrenzbaren Thema (eine Theorie, ein Fachbegriff, ein historisches Ereignis etc.), das didaktisch sinnvoll aufbereitet wird, wodurch trotz der kurzen Lerndauer ein nachhaltiger Lerneffekt erzielt werden soll.

Solche jeweils genau auf eine spezifische Zielgruppe hin abgestimmte und in ein grösseres Lernszenario eingebettete Wissensstückchen — d.h. mehrere Micro Learnings werden z.B. zu einem Lernpfad kombiniert oder als Ergänzung zu anderen Lehrmethoden eingesetzt — bieten enormes Potenzial, Inhalte aus den unterschiedlichsten Kontexten bei den Lernenden zu verankern. Denn die Möglichkeiten, mithilfe moderner Tools etwa einfache Texte mit attraktiven multimedialen und interaktiven Elementen anzureichern und über verschiedene digitale Kanäle auszuspielen, sind heute so zahlreich und vielfältig wie nie zuvor.

Diskussion: Vor- und Nachteile des Micro Learning-Ansatzes

Einige der wichtigsten Vorteile, auf die Befürwortende des Micro Learning-Ansatzes immer wieder verweisen, bestehen u. a.

  • in der Flexibilität von kurzen Lerneinheiten, denn die Lernenden können selbst entscheiden, wann, wo, und auf welchem Gerät sie die Inhalte bearbeiten wollen.
  • in der relativ einfachen und kostengünstigen Erstellung eigener „Lern-Häppchen“, denn moderne Learning Management Systeme (LMS) wie NEO oder MATRIX von Cypher Learning bieten ihren Nutzerinnen und Nutzern genau dafür zahlreiche und leicht zu bedienende integrierte Funktionen. Einmal kreiert, können die kleinen Wissenspakete ohne grossen Aufwand beliebig oft eingesetzt werden.
  • in der Möglichkeit, attraktive und leicht „zu verdauende“ Lerneinheiten zu den unterschiedlichsten Themen anbieten zu können, und zwar sowohl in Schulen und Universitäten als auch im unternehmerischen Kontext, etwa bei internen Aus- und Weiterbildungen.
  • im Spassfaktor 😉 Ja, Lernen muss nicht immer nur anstrengend sein und unter höchster Konzentration vonstattengehen, es kann auch Freude machen, mit Gamification-Elementen angereichert werden und manchmal sogar fast nebenbei erfolgen — wie es die unten aufgeführten Beispiele zeigen.

Bei aller berechtigten Begeisterung, die dem Thema Micro Learning seit einigen Jahren zuteil wird, dürfen kritische Aspekte dabei nicht ausser Acht gelassen werden. Denn Micro Learning:

  • bringt wirklich nachhaltigen Lernfortschritt meist erst dann hervor, wenn es in den Rahmen eines grösseren, didaktisch durchdachten Lernsettings eingebettet ist, d. h. wenn es z. B. als Ergänzung zu den eigentlichen Präsenz- oder Online-Unterrichtseinheiten angeboten wird.
  • kann im allgegenwärtigen Informationsstrom — etwa auf dem Smartphone der Anwenderin oder des Anwenders — regelrecht „untergehen“ bzw. durch die potenziell vorhandene Vielfalt konkurrierender Angebote und Inhalte überfordern und damit eher demotivierend wirken.
  • funktioniert nicht bei allen Zielgruppen. Nicht jede/r hat die nötige Infrastruktur (Smartphone, Tablet, mobiler Internetzugang etc.) oder die erforderlichen Selbststeuerungs- und technologischen Kompetenzen („Computer Literacy“), um Micro Learning-Einheiten für sich selbst optimal nutzen zu können.

Beispiele: Micro Learning in unterschiedlichen Kontexten

Gymglish

Gerade im Bereich Sprachenlernen, wo z. B. regelmässiges Wiederholen von Vokabeln für den Erfolg unabdingbar ist, bietet Micro Learning enormes Potenzial. Vokabel-Trainer-Apps, die ein Lernkartei-System digital abbilden, um interessante Funktionen erweitern (etwa das Abspielen von Audio-Dateien mit Aufnahmen von Muttersprachlerinnen) und mobilen Zugriff über das Smartphone ermöglichen, gibt es mittlerweile von zahlreichen Anbietern. Einen Schritt weiter geht das kommerzielle Angebot von Gymglish, einer in Paris ansässigen Firma. Deren Sprachkurse im Abo-Modell basieren gänzlich auf dem Prinzip des Micro Learning. Mitglieder des Spanisch-Kurses „Hotel Borbollón“ etwa erhalten Zugriff auf mehrere Lektionen pro Woche, die über einen Link abgerufen werden können, der wiederum täglich per Mail zugestellt wird. Eine einzelne Lektion beinhaltet kurze Storys, die gelesen und auch angehört werden können, Übungsaufgaben und einen sogenannten „kulturellen Nachtisch“, etwa einen Ausschnitt aus einem berühmten spanischen Song.

Interessant dabei: die eingegebenen Antworten werden ausgewertet und führen zu einer automatischen Anpassung des Sprachniveaus künftiger Kurs-Einheiten (im Sinne eines Algorithmus-basierten Adaptive Learning).

Blinkist & Get Abstract

Ein Buch in 15 Minuten verstehen? Das ist die Idee hinter Plattformen wie Blinkist oder Get Abstract, die Zusammenfassungen zu unzähligen Sachbüchern — sowohl frisch erschienene als auch Klassiker — aus den Bereichen Psychologie, Beruf & Karriere, Wissenschaft oder Geschichte liefern. Diese kommen in kurzen Text- und/oder Audio-Dateien daher, die von der zahlenden Kundschaft in einer knappen Viertelstunde konsumiert werden können. Ein Modell, das Micro Learning in Podcast-Form verpackt und damit scheinbar genau auf die Bedürfnisse und Wünsche junger, mobiler Zuhörer und Zuhörerinnen zugeschnitten ist, die es gewohnt sind, Inhalte — ob Unterhaltungs- oder eben Lerninhalte — überall und jederzeit abzurufen, etwa morgens in der Tram auf dem Weg zur Arbeit.

Online-Glossar: Begriffe rund um digitale Bildung

Last but not least: der Artikel zu „Micro Learning“, den Sie gerade lesen, ist selbst ein Beispiel für Micro Learning, denn wir hoffen natürlich, dass Sie nach der Lektüre ein klein wenig schlauer sind als vorher und Lust haben, sich vielleicht noch intensiver mit Themen rund um die Digitalisierung im Bildungswesen zu beschäftigen 😉

„Lerneinheiten“ zu weiteren wichtigen Begriffen finden Sie dafür im stetig wachsenden Happy Students-Glossar.

Anwendung: Wie erstelle ich eigene Micro Learning-Inhalte?

Um selbst Micro Learning-Einheiten zu erstellen, braucht es neben didaktischem Fingerspitzengefühl noch die entsprechenden Tools.

Apps wie Quizlet oder LearningApps sind leicht zu bedienen und bieten tolle Funktionen, um attraktiven Microcontent zu kreieren.

Falls Sie Unterstützung in der Konzeption und Umsetzung von Lernmedien benötigen, könnte unsere Factory einen Blick wert sein: Dort profitieren Teilnehmende in verschiedenen Workshops, individuell konfigurierbaren Kurz-Schulungsformaten und Beratungen vom interdisziplinären, langjährigen und praxisorientierten Know-how des Happy Students-Teams rund ums Thema Digitalisierung im Bildungswesen.

Eine andere Möglichkeit stellen Learning Management Systeme (LMS) dar. Denn die meisten modernen LMS bringen bereits von Haus aus zahlreiche Funktionen mit, die es ihren Usern erlauben, unkompliziert und schnell ein eigenes Quiz zu entwerfen, kurze Videos aufzunehmen oder einzubetten, Texte mit Bildern und Infografiken anzureichern — und diese Inhalte dann zu einem festgelegten Zeitpunkt an die Lernenden automatisch ausspielen zu lassen.

Quellen & Link-Tipps


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